Gelenkig

Sport und Gelenksbelastung

Eine Zusammenschau von Dr. Sepp Braun, Dr. Peter Gföller, Univ . Prof. Dr. Christian Fink und PD Dr. Christian Hoser

 

Foto: iStock / peterschreiber.media
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Use it or loose it: Schonen wir unsere Gelenke zu viel, verlieren sie an Funktionstüchtigkeit und Belastbarkeit. Wir können unsere Gelenke nicht „gesund schonen“. Hohe, zu dichte und nicht funktionelle Belastung wiederum führt zu Schäden, die uns bei unserer Leidenschaft, dem Sport, auf eine harte Geduldsprobe stellen.

Ohne die großen Gelenke, Hüfte, Knie, Schulter und Sprunggelenk geht beim Sport nichts. Was sind die häufigsten Verletzungsmuster, worauf müssen wir achten? Wie können wir unsere Gelenke mit einem erfüllten Sportlerleben gesund ins Ziel retten? Unsere Experten machen für Sie zu Saisonbeginn die Bestandsaufnahme für die wichtigsten Sommersportarten.

 

Foto: Foto: iStock / doble-d, BalanceFormcreative
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Wandern

Knie: Während das Aufwärtsgehen auch für etwas vorgeschädigte Kniegelenke meist keine Schwierigkeiten bringt, ist das Bergabgehen meist problematischer. Dabei können Belastungen von bis zum acht- bis zehnfachen des Körpergewichtes wirken. Lange Bergabstrecken oder Abwärtslaufen können deshalb auch für ein gesundes Kniegelenk schmerzhaft werden. Stöcke, richtig verwendet, und langsame Gehgeschwindigkeit können diese Belastungen sehr gut reduzieren. Akute Verletzungen sind selten und können höchstens im Rahmen eines Sturzes auftreten (ev. Bruch der Kniescheibe).

Hüfte: Ein gesundes Hüftgelenk kommt kaum an seine Belastungsgrenze. Personen mit bereits bestehenden Beschwerden sollten darauf achten, gut gedämpfte Schuhe zu tragen, und vor allem beim Abwärtsgehen zur Entlastung Stöcke zu verwenden. Bei ungenügender Vorbereitung kann es zur Überlastung der hüftstabilisierenden Muskulatur kommen, dies äußert sich in Schmerzen an der Außenseite der Hüfte oder im Gesäßbereich.

Schulter: Abgesehen von Stürzen oder sonstigen unvorhersehbaren Unfällen belastet Wandern die Schulter oder Ellenbogen nicht übermäßig. Insofern ist dies auch ideal, um sich von einer Schulter- oder Ellenbogenverletzung zu erholen und trotzdem sportlich aktiv zu sein.

Sprunggelenk: Rotationsereignisse können zu Brüchen des Innen- und/oder des Außenknöchels führen. Knorpelschäden als Zusatzverletzung brauchen häufig eine operative Behandlung. Überlastungen beim Wandern betreffen die Achillessehne und die Sehne des hinteren Schienbeinmuskels. Gutes Schuhwerk ist die effektivste Prävention.

Laufen

Knie: Bei mittler Laufgeschwindigkeit wirken Belastungen bis zum fünffachen des Körpergewichts auf ein Kniegelenk. Für ein gesundes Knie kein Problem, für eine bereits vorgeschädigtes Gelenk kann das schnell zu viel werden. Akute Verletzungen des Kniegelenks sind vernachlässigbar selten. Ein typisches Überlastungssyndrom ist das Traktus– Syndrom („Läuferknie“). Dies ist bei Laufbelastung mit immer stärker werdenden Schmerzen an der Außenseite des Kniegelenks verbunden.

Hüfte: Die Belastung stellt für ein gesundes Hüftgelenk kein Problem dar. Richtige Lauftechnik, gutes Schuhwerk und regelmäßiges Durchführen von laufspezifischen Übungen, das sogenannte Lauf-ABC, legen den Grundstein für jahrelanges Laufvergnügen. Bei ambitionierten Läufern kann es zu einer Überbeanspruchung der knöchernen Strukturen um die Hüfte kommen, was sich in Schmerzen bei Belastung äußert. Dann sollte umgehend eine Untersuchung zum Ausschluss eines Knochenödems erfolgen, sonst droht bei weiterer Belastung ein Ermüdungsbruch.

Schulter: Es gilt dasselbe wie beim Wandern: Schulter und Ellbogen werden nicht übermäßig beansprucht

Sprunggelenk: Die Außenbänder des Sprunggelenks sind durch Umkippen am meisten gefährdet. Wegen ähnlicher Symptomatik wird eine Verletzung der vorderen Syndesmose (das Band, das Wadenbein und Schienbein zueinander stabilisiert) häufig übersehen. Bei vollständiger Ruptur ist die Operation zu überlegen. Die Alternative ist die Ruhigstellung mittels Gipses oder Walker. Das häufigste Überlastungsproblem betrifft die Achillessehne, was sehr schmerzhaft sein kann und intensive physiotherapeutische Behandlung, aber nicht unbedingt eine vollständige Sportpause braucht. Konsequentes Dehnen, die Dosierung von Intensität und Umfang (Laufstrecke) und die richtige Wahl des Laufschuhs sind präventiv wichtig. Eine etwas höhere Sohle im Fersenanteil ist protektiv für die Achillessehne.

 

Foto: iStock / BalanceFormcreative, LeoPatrizi, Goodboy Picture Company
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Radfahren

Knie: Für das Kniegelenk ist Radfahren wohl die „gesündeste“ Sportart. Regelmäßige zyklische Belastung fördert die „Ernährung“ des Gelenkknorpels. Radfahren ist deshalb auch für Menschen mit teilweise hohen degenerativen Veränderungen des Kniegelenks bestens geeignet. Wichtig ist, auf eine gute Anpassung des Rades zu achten. Zu tief eingestellte Sattelhöhe führt zu hohen Kniegelenkswinkeln und zu erhöhten Belastungen im Kniescheibengelenk. Auch die Trittfrequenz sollte eher im höheren Bereich (>70 Umdrehungen) liegen, der Widerstand eher niedrig sein. Dazu kann vor allem bergauf auch ein E-Bike sehr sinnvoll sein.

Hüfte: Radfahren ist die ideale Sportart für Personen mit Beschwerden im Bereich des Hüftgelenks. Man sollte auf eine professionelle Abstimmung der Sitzposition und die richtige Rahmengröße achten, um Schmerzen in anderen Körperregionen vorzubeugen. Durch die Bewegung der Gelenke ohne Gewichtsbelastung hat das Radfahren sogar therapeutischen Charakter.

Schulter: Die Schulter wird nicht unmittelbar beansprucht. Verletzungen passieren meist durch einen Sturz und sollen unbedingt abgeklärt werden.

Sprunggelenk: Radfahren birgt keine besondere Überlastungs- und Verletzungsproblematik.

Tennis

Knie: Bei der klassischen „Stopp and Go“ Sportart sind Verletzungen des Innenbands oder des vorderen Kreuzbands nicht selten. Forcierte Rotations – und Scherbewegungen bringen große Belastungen von Menisken und Gelenksknorpel mit sich, was bei bestehenden Arthrosen zu Problemen führen kann. Durch den großen Anteil an Sprungbelastungen, vor allem bei hohem Leistungsniveau, können Überlastungssyndrome im Sinne eines Patellaspitzensyndroms („Jumpers Knee“) vorkommen.

Hüfte: Durch die schnellen Richtungswechsel und die oft erforderliche starke Beugung ist das Hüftgelenk gefordert. Auch trägt der harte Untergrund zur Erhöhung der Belastung bei. Akute Verletzungen treten meist in der umgebenden Muskulatur, insbesondere im Bereich der Adduktoren auf. Durch gutes Aufwärmen, Dehnübungen und ein regelmäßiges Training der Hüft- und Rumpfmuskulatur kann diesbezüglich vorgebaut werden. Bei bereits bestehenden Hüftschmerzen sollte über einen Wechsel in eine gelenkschonende Sportart nachgedacht werden.

Schulter: Bei der klassischen Überkopfsportart wird die Schulter, besonders am Schlagarm, durch extreme endgradige Bewegungen in der Rotation, aber auch durch Zugbelastung auf das Gewebe beansprucht. Extreme Außenrotation und ein hohes Beschleunigungsmoment mit anschließendem Abbremsen von Arm und Schläger führen zu Belastungen mit einem Mehrfachen des eigenen Körpergewichts.

Sprunggelenk: Die häufigsten Verletzungen sind Risse der Außenbänder. Der typische Tennismechanismus ist, wenn am Sandplatz das Rutschen abrupt beendet wird und große Kräfte zum Umkippen nach außen führen. Konservative Behandlung mit Schiene und Physiotherapie ist etabliert. Chronische Instabilitäten oder Zusatzverletzungen am Knorpel müssen operativ behandelt werden. Der Riss der Achillessehne ist die zweithäufigste Verletzung. Für aktive sportliche Menschen ist die operative Behandlung meistens die bessere. In Sachen Überlastung steht die Achillessehne an erster Stelle. Regelmäßiges Dehnen, gutes Aufwärmen und Stabilisationsgymnastik sind die beste Prävention.

Golf

Knie: Akute Verletzungen treten beim Golf praktisch nicht auf. Nicht zu vernachlässigen sind dagegen die Rotationsbelastungen. Gerade bei bestehenden Arthrosen oder bei Meniskusläsionen kann es dadurch zu Schmerzen kommen. Klassische Überlastungssyndrome stellen dagegen kein Problem dar.

Hüfte: Beim Golfsport wird die Hüfte moderat belastet, akute Verletzungen treten sehr selten auf. Bei schon bestehender Arthrose ist oft das Drehen in der Hüfte am Ende des Schwunges schmerzhaft.

Schulter: Ein technisch einwandfreier Bewegungsablauf sorgt nicht nur für ein „perfektes“ Spiel, sondern hält auch Überlastungen hintan. Durch einen nicht sauberen Treffpunkt des Schlägers auf den Ball kann ein unkontrollierter Impuls in den Arm und die Schulter fortgeleitet werden. Die beste Prävention ist ein sauberer Schwung. Ein exzellentes technisches Hilfsmittel zur Schwunganalyse und Messung der Kräfte beim Schlag bietet das Bewegungslabor MOTUM in Innsbruck (www.motum.at)

Sprunggelenk: Golf hat als Auslöser für Verletzungs- oder Überlastungsprobleme keine große Bedeutung. Natürlich können sich anderweitig erworbene Verletzungen oder Belastungen negativ auswirken oder verstärkt werden.