Leben ala Carte 1603

Manuelle Lymphdrainage

Streicheleinheit oder fundiertes Therapie­konzept?

Nicole Bittenecker
Text: Nicole Bittenecker

Die Aufgabe des Lymphsystems

Unser Lymphsystem ist eines der Transportsysteme im Körper. Es nimmt die Bestandteile auf, die das venöse System nicht abtransportieren kann. Darunter fallen vor allem Eiweiße, Plasma (Wasser), Zellen und Fremdpartikel wie Viren und Bakterien, die sich im Gewebe ansammeln. Die Summe dieser Bestandteile nennt man lymphpflichtige Last. Nachdem der Lymphknoten diese gefiltert hat, wird sie wieder in den Blutkreislauf eingespeist.

Dieses komplexe System besteht aus oberflächlichen und tiefen Lymphgefäßen. Das oberflächliche Lymphgefäßsystem befindet sich direkt unter der Haut und ist deshalb ideal durch die Manuelle Lymphdrainage zu beeinflussen.

 

Bilder von links nach rechts: Lymphgriffe am Oberschenkel, am Unterschenkel und am Hals
Bilder von links nach rechts: Lymphgriffe am Oberschenkel, am Unterschenkel und am Hals

Wirkung und Technik

Mittels sanften, langsamen und rhythmischen Streichungen wird die Lymphangiomotorik angeregt. Das heißt die Pumpleistung der Lymphgefäße erhöht sich und es kann mehr lymphpflichtige Last abtransportiert werden. Die Behandlung beginnt immer am Hals, dem so genannten Terminus. Dann wird am betroffenen Gebiet weiter gearbeitet. Diese Techniken erfordern bestimmte Griffe und benötigen eine spezielle Ausbildung.

Indikationen

Muss man sich zum Beispiel einer Operation unterziehen, wird dabei das Lymphsystem beschädigt und kann weniger lymphpflichtige Last abtransportieren. Zudem fällt mehr dieser Last an. Grund dafür ist der natürliche Entzündungsprozess. Postoperativ führen Ruhigstellung und Schmerzen zu verminderter Muskelaktivität. Dies hemmt zusätzlich die Lymphgefäßtätigkeit. Das Ergebnis ist ein Lymphödem (Schwellung). Hier ist die Manuelle Lymphdrainage angezeigt. Ergänzende Physiotherapie lindert Schmerzen und regt die Muskelaktivität an. Je früher man damit beginnt, desto schneller wird das Ödem abgebaut.

Neben chirurgischen Eingriffen gibt es noch weitere Indikationen. Darunter fallen: Traumata (wie z.B. Zerrungen), Arthrosen, Morbus Sudeck, Lipödeme, primäre Lymphödeme (angeborene Fehlbildung im Lymphsystem), Verbrennungen, Ödeme nach erfolgreicher Tumorbehandlung bzw. Lymphknotenentfernung. Um den Erfolg der Lymphdrainage zu verstärken, sollte danach eine Kompressionstherapie mittels Kompressionsstrumpf oder Bandagierung erfolgen.

Kontraindikationen

Wie bei jeder Therapieform gibt es auch bei der Lymphdrainage Kontraindikationen. Dazu zählen unbehandelte, bösartige Tumore, akute Entzündungen, akute Allergien, akute Thrombosen und Herzinsuffizienz. Neben der Ödemreduktion hat die Lymphdrainage noch andere Effekte. Sie wirkt sich positiv auf das vegetative Nervensystem aus, lindert Schmerzen, regt die Narbenheilung an, wirkt entspannend und ist somit ein wesentlicher Bestandteil jeder Rehabilitation.