We are Reha Training
Kreuzband-Reha braucht ein eingespieltes Team

Text: Andreas Zauner

TRAINING
Passive Bewegungsübungen werden schon frühzeitig eingesetzt, um Verklebungen und Bewegungseinschränkungen zu vermeiden. Dabei gilt das Prinzip: So viel Bewegung wie möglich, so wenig Belastung wie nötig.
Die Aktivierung der Oberschenkelmuskulatur, insbesondere des Musculus quadriceps, erfolgt über isometrische Übungen, z. B. das Anspannen des Muskels ohne Bewegung des Gelenks. Gleichzeitig wird die Streckfähigkeit des Knies als wichtiges Rehabilitationsziel angestrebt, da ein Streckdefizit langfristig zu Fehlbelastungen führen kann.
Im zweiten Teil des Reha Prozesses wird nicht mehr nur therapiert, sondern auch trainiert – und das im perfekten Zusammenspiel zwischen Physiotherapie und aktivem Training. Beide Bereiche greifen wie Zahnräder ineinander: Die Physiotherapie sorgt für Mobilität, Gelenkführung und neuromuskuläre Kontrolle, während das Training Kraft, Stabilität und Belastbarkeit zurückbringt. Nur wenn beide Ansätze gleichzeitig und aufeinander abgestimmt umgesetzt werden, kann das Knie wirklich wieder zu alter Stärke finden.
Abhängig von den Begleitverletzungen, der Operationsmethode und den ärztlichen Vorgaben kann meist nach 3 Wochen die erste Phase des Trainings begonnen werden.

Frühphase (3–6 Wochen postoperativ)
Im Fokus steht Koordination kombiniert mit gezieltem funktionellen Kraftaufbau. Ziel ist es die Belastbarkeit schrittweise zu steigern und das Knie an Alltagsbewegungen heranzuführten.
Zu den zentralen Kraftübungen zählen:
- Funktionelle Übungen wie Kniebeugen beidbeinig, Steiger und Lunges
- Beinpresse (im vorgegebenen Bereich)
- Hüftbeugung, -streckung, -abduktion, -adduktion
- Beinbeugerübungen(z. B.: Beuger-Curls in Bauchlage)
- Waden
Dabei sollte darauf geachtet werden die operierten Strukturen zu schonen. Dies gelingt mittels gezielter Übungsmodifikationen. Trainingshäufigkeit 3x pro Woche 1 Stunde. Das Gewicht sollte so gewählt werden, dass maximal 20 Wiederholungen möglich sind.

Aufbauphase (6–16 Wochen postoperativ)
Ziel ist die Wiederherstellung der vollständigen Beweglichkeit, Kraftsymmetrie (einbeiniges Training) und Kniekontrolle. Das Training (Hypertrophietraining) wird intensiver und Kraftübungen werden sukzessive mit adaptierten Schnelligkeitsübungen kombiniert.
Folgende Übungen kommen zum Einsatz:
- Funktionelle Übungen wie Lunges, einbeinige Kniebeugen, Beinpresse einbeinig (größererBewegungsbereich)
- Dippings
- Absprünge mit unterschiedlichenLandungen (z. B.: auf dem nicht operierten Bein, erhöht, beidbeinig oder einbeinig)
- Hüftbeugung,-streckung, -abduktion, -adduktion
- Beinbeugerübungen(z. B.: Beuger-Curls sitzend)
- Waden
Belastungsumfang und Intensität werden progressiv gesteigert. Trainingshäufigkeit 3x pro Woche 1 Stunde. Das Gewicht sollte so gewählt werden, dass maximal 12-15 Wiederholungen möglich sind.
Nach zwölf Wochen kann ein Isokinetik- Test durchgeführt werden. Dies ist ein objektiver computergestützter Muskelkrafttest, der nach einer vorderen Kreuzbandverletzung oder -Operation eingesetzt wird, um den Reha Fortschritt zu beurteilen und die weiteren Trainingsschritte besser und sicherer planen zu können. Weiters werden funktionelle Testverfahren, wie etwa der einbeinige Counter-Movement Jump, einbeinige Weitsprung oder der Y-Balance-Test als Hilfsmittel herangezogen, um die Leistungsfähigkeit beider Beine objektiv zu vergleichen.

Spätphase (4–9 Monate postoperativ)
In dieser Phase erfolgt der Übergang zum sportartspezifischen Training. Bewegungsabläufe wie Richtungswechsel, Sprünge, Landungen und Beschleunigungen werden gezielt geübt. Das Ziel ist, das Vertrauen ins Knie zurückzugewinnen und die intramuskuläre Koordination (Maximalkrafttraining) zu steigern.
Typische Übungen:
- Funktionelle Übungen wie Lunges, einbeinige Kniebeugen, Beinpresse einbeinig explosiv
- Beinbeugerübungen (z. B.: Beuger-Curls sitzend)
- Beinstreckerübungen (z. B.: Strecker-Curls sitzend)
- Agility Drills(z. B. Slalomlauf, Sidesteps, Pendelsprints)
- Plyometrisches Training (Sprung- und Landetechniken),
- Reaktions- und Schnellkrafttraining.
Der Belastungsumfang wird reduziert und die Intensität weiter progressiv gesteigert. Trainingshäufigkeit 3x pro Woche 1 Stunde. Das Gewicht sollte so gewählt werden, dass maximal 4-8 Wiederholungen möglich sind und die Ausführung explosiv erfolgt.

Back-to-Sport (ab 9 Monaten)
Die Rückkehr in den Wettkampf kann erst erfolgen, wenn Beweglichkeit, Kraft und Stabilität mindestens 90–95 % des gesunden Beines erreicht haben. Dies kann mit einem Back-to-Sport-Test (Isokinetik-Test, Sprungtest, Y-Balance Test) objektiv ermittelt werden. Eine psychologische Komponente spielt ebenfalls eine große Rolle: Viele Sportler benötigen Zeit, um wieder Vertrauen in ihr Knie zu gewinnen.
Selbst nach Abschluss der Rehabilitation sollte präventives Training fortgeführt werden, um das Risiko einer erneuten Verletzung zu minimieren.
Die Reha nach einer vorderen Kreuzbandverletzung ist ein komplexer, mehrstufiger Prozess, der Geduld, Disziplin und professionelle Begleitung erfordert. Eine strukturierte, individuell angepasste Trainingsplanung ermöglicht nicht nur die Wiederherstellung der vollen Funktion des Kniegelenks, sondern beugt auch Spätfolgen wie Instabilität oder Arthrose vor. Mit konsequenter Umsetzung kann die Rückkehr auf das alte Leistungsniveau – und in vielen Fällen sogar eine Verbesserung der allgemeinen athletischen Fähigkeiten – gelingen. Die Reha nach einem Kreuzbandriss ist kein Sprint, sondern ein Marathon – mit Höhen, Tiefen und jeder Menge Lernmomenten. Und ja, es gibt Tage, an denen das Knie zwickt oder die Motivation sinkt. Doch jeder Fortschritt, jede saubere Landung und jeder schmerzfreie Laufkilometer sind kleine Siege auf dem Weg zurück.