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Kreuzband-Reha braucht ein eingespieltes Team

Text: Michael Scheinecker
Therapie
Der Reha Prozess nach einer vorderen Kreuzbandoperation verläuft typischerweise über mehrere Phasen. Die Dauer variiert individuell, abhängig von den Begleitverletzungen (s Seite 14, Prof. Fink). Ein realistischer Zeitrahmen bis zur vollen sportlichen Belastbarkeit liegt zwischen neun und zwölf Monaten.
Der ideale Start ist vor der Operation. Präoperativ sollte an der Streckung und vor allem an der Ansteuerung des vorderen Oberschenkelmuskels gearbeitet werden. Ist diese verringert, kann sich das auf die postoperative Reha negativ auswirken. Eine muskuläre Statuserhebung mittels Isokinetik garantiert eine geschlossene Verlaufskontrolle.
Die postoperative Reha ist so wichtig, wie die Operation selbst. Ein perfekt operiertes Kniegelenk reicht nicht, um ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen. Da sich die chirurgischen Maßnahmen in den letzten Jahren verändert haben, hat sich auch die Nachbehandlung verändert.
Wie lange muss ich mein Kniegelenk entlasten? Wie viel darf ich mein Kniegelenk abwinkeln? Wie lange muss ich eine Schiene tragen? All dies sind Fragen kann man als Therapeut nicht pauschal beantworten. Das ist abhängig davon, was zusätzlich zum Kreuzband an Ihrem Knie operiert worden ist. Menisken, Seitenbänder oder auch der Knorpel haben nicht nur verschiedene Heilungszeiträume, sondern auch verschiedene Funktionen. Daher sind auch differenzierte Maßnahmen erforderlich, um operierte Strukturen zu schützen, damit sie heilen können. Da nur Ihr Operateur genau weiß, welche Strukturen wie operiert wurden, sind seine spezifischen Vorgaben unumgänglich und müssen eingehalten werden.



Was erwartet Sie im Reha Prozess?
In der Anfangsphase der Therapie wird mittels passiver Maßnahmen, wie Lymphdrainage, Kniegelenksmobilisation, Strom und Lasertherapie, versucht, die Schwellung zu reduzieren, die Schmerzen zu lindern und die Wundheilung zu fördern. Die Steigerung der Beweglichkeit und die Aktivierung des vorderen Oberschenkels stehen im Vordergrund. Vor allem das Erreichen der vollständigen Streckung ist wichtig, da hier ein gewisser zeitlicher Druck besteht. Wird die Streckung in den ersten sechs Wochen nicht erreicht, besteht das Risiko eines langanhaltenden Streckdefizits, welches die Rehabilitation um einiges erschweren kann. Die Beugung ist oftmals zum Schutz anderer Strukturen (z.B. Menisken) limitiert und kann auch noch im späteren Verlauf der Reha gut erarbeitet werden.
Warum macht die Streckung oftmals Schwierigkeiten?
Derzeit nimmt man an, dass auf Grund der Operation und der Schwellung die Wahrnehmung im Kniegelenk vermindert ist und ein Reflex innerhalb des Muskels aktiviert wird. Dieser Reflex aktiviert die Beugermuskulatur und hemmt zusätzlich die vordere Oberschenkelseite. Dies führt dazu, dass sich die Rückseite oftmals „verspannt“ anfühlt und das Anspannen der Vorderseite kaum möglich ist. Um den Effekt zu mildern, kann man das Kniegelenk vor der Therapie bereits kühlen (~20mins), die Beugermuskeln ermüden, damit die Spannung nachlässt und im Anschluss die Oberschenkelvorderseite aktivieren. Um die Aktivierungsfähigkeit zusätzlich zu verbessern, kann ein Biofeedbacksystem verwendet werden, welches in Echtzeit das Ausmaß der Aktivierung anzeigt. Falls dieses nicht zur Verfügung steht, kann auch mithilfe von Stromreizen die Vorderseite zusätzlich aktiviert werden. Im Anschluss sollte allerdings auf jeden Fall die aktive Aktivierung in verschiedenen Kniewinkeln beübt werden und dann ins Gangbild integriert werden.
Welche Maßnahmen können noch ergriffen werden?
Im Laufe der Therapie erarbeiten Sie mit Ihren Betreuern, abgestimmt auf Ihren aktuellen Status sowie auf Ihre operationsspezifischen Nachbehandlungsvorgaben, ein Übungsprogramm.
- Schwellungsmanagement: Lagern Sie das Bein hoch und über Herzhöhe, damit die Schwerkraft hilft, die Schwellung zu mindern. Zusätzlich kann ein Kompressionsstrumpf und die Aktivierung der Wadenpumpe helfen.
- Narbenpflege: Verwenden Sie eine Narbensalbe. Nachdem der Schorf abgefallen ist, mobilisieren Sie die Narbe so wie es Ihnen der Therapeut zeigt.
- Aktivierung/Kräftigung: Üben Sie die Aktivierung des vorderen Oberschenkels zuhause täglich. Weiters beginnen Sie mit den ersten einfachen Kräftigungsübungen. Diese werden nach Schwellungszustand und erlaubter Gewichtsbelastung angepasst.
- Beweglichkeit: Versuchen Sie den erlaubten Bewegungsbereich zu beüben. Ergometerfahren mit einem verkürzten Hebel kann dabei eine gute Hilfestellung sein.
Wenn die Streckung erreicht ist, die Entzündungszeichen abgeklungen sind und die Schwellung niedrig ist, die ersten Bewegungstesst positiv ausgefallen sind beginnt der zweite wichtige Teil der Reha, das Krafttraining. Dabei wird die Muskulatur wieder aufgebaut und das Knie an die sportspezifische Belastung herangeführt. Eine Rückkehr zum Sport ohne spezifischem Krafttraining ist nicht möglich und dieses daher unumgänglich.