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Schlag kräftig!

Tennis und Golf als Ursachen für Beschwerden am Ellbogen

PD Dr. Sepp Braun - GelenkpunktGerda StrutzenbergerDr. Peter Gföller - Gelenkpunkt
Text: Sepp Braun und Gerda Strutzenberger und Priv. Doz. Dr. Peter Gföller

Der Tennisellbogen ist durch Schmerzen auf der Außenseite des Ellbogens, genauer gesagt, an dem gut tastbaren Knochenvorsprung am unteren äußeren Ende des Oberarmknochens, charakterisiert. Ausgelöst werden diese durch eine Überlastung und einen Reizzustand des gemeinsamen Sehnenansatzes der Streckmuskulatur von Fingern und Handgelenk. Auf der Innenseite des Ellbogens wiederum kann eine Überbeanspruchung der Beugemuskulatur des Handgelenks und der Finger den sogenannten Golferellbogen verursachen.

 

Schlag kräftig!

 

Diese mitunter sehr schmerzhaften Entzündungszustände beeinträchtigen nicht nur sportliche oder berufliche Aktivitäten, sondern treten häufig auch schon bei ganz banalen Alltagstätigkeiten, bei der Büroarbeit am Computer oder gar beim Schlafen auf. Kurzum, das „normale Leben“ kann durch einen ca. 1-2 Cent großen Sehnenursprung massiv gestört werden.

Ursache

Dauerhafte, ungewohnte oder zu hohe Belastungen der betroffenen Muskulatur können zu Verspannungen und Verhärtungen der jeweiligen Muskelgruppen und sogar zu mikroskopisch kleinen Verletzungen der Sehnenstruktur führen. Dadurch ergibt sich eine dauerhaft erhöhte Vorspannung am Sehnenursprung und letztlich eine verminderte Durchblutung in einer von Haus aus schlecht durchbluteten Region. Der Körper reagiert darauf mit einem Reparaturversuch, der durch eine Entzündungsreaktion gekennzeichnet ist. In dieser Phase sprossen neue Mikro-Blutgefäße in den Sehnenursprung ein, die bildlich gesprochen „Öl ins Feuer“ gießen, also Entzündungsbotenstoffe ins Problemgebiet transportieren.

Wird die schmerzauslösende Belastung fortgesetzt, kommt es zu echten strukturellen Schäden der Sehne: Zellen des Sehnengewebes sterben ab und es werden Eiweiße eingelagert, das führt bis zum Einreißen oder zur Ablösung der Sehne vom Knochen. Die ersten Symptome sollten daher nicht ignoriert werden.

 

Schlag kräftig!

Behandlung

Zunächst muss hinterfragt werden, ob es ungewohnte oder ungewöhnlich hohe Belastungen, oder immer wiederkehrende leichte Belastung, wie zum Beispiel Tastaturarbeit, einen Unfall oder Veränderungen bei der Sporttechnik gab. Eine spezialisierte Untersuchung kann zudem noch weitere zugrundeliegende Probleme des Ellbogens aufdecken, wie latente Instabilitäten, die bei Wurf- oder Schlagsportlern durch die regelmäßige Belastung nicht selten sind. Um die Situation umfassend richtig einschätzen zu können kann bildgebende Diagnostik, also Sonografie, Röntgen und oder MRT, notwendig werden.

Die Behandlung orientiert sich in drei Stufen an den Ursachen. Dabei wird mit „einfachen“, aber wirkungsvollen Therapieformen begonnen, die nicht invasiv sind.

Stufe 1

Schonung: Alle schmerzauslösenden Belastungen sollten strikt vermieden werden.

Massage: Die schmerzhafte verspannte Muskulatur kann durch gezielte Massage gelockert werden. Dabei werden u.a. auch durch eine Selbstmassage mehrfach täglich die verhärteten Muskelstränge bearbeitet und so die Vorspannung reduziert und die Durchblutung verbessert.

Dehnung: In mehrfach täglich durchgeführter Dehnung kann die Vorspannung – und damit der stetige Reiz am Sehnenursprung – effektiv reduziert werden. Dabei sollte ein gut spürbarer leichter Dehnungsschmerz, aber kein starker Schmerz empfunden werden.

Entzündungshemmung: Die lokale Entzündungsreaktion kann durch Kühlung, und durch entzündungshemmende Schmerzmedikamente deutlich reduziert werden. Es gibt sehr gute Erfahrungen mit typischen Hausmitteln, wie Topfenwickel oder Eisbeutel (Vorsicht: nicht zu kalt!), aber auch mit entzündungshemmenden Salben, Cremes, Gels oder Sprays. Entzündungshemmenden Medikamenten kommt gerade in der frühen Phase eine sehr große Bedeutung zu, da durch diese einer Chronifizierung entgegengewirkt werden kann.

Aktive Kräftigung: Parallel zu den bereits genannten Maßnahmen sollte eine moderate und schmerzfreie Kräftigung der betroffenen Streck- oder Beugemuskulatur mehrmals täglich vorgenommen werden. Dazu eignet sich z.B. eine 0,5l oder 0,75l Trinkflasche mit Wasser ideal.

Bandagen: Vor allem bei schwerer manueller Arbeit, aber auch bei intensiver Computerarbeit können Bandagen Erleichterung bringen. Durch den Druck auf den Muskel wird dieser angenehm entlastet.

Stosswellentherapie: Die extrakorporale Stoßwellentherapie ist ein zentraler und wesentlicher Bestandteil der konservativen Therapie. Durch die von außen eingebrachte Energie der Druckwellen wird der verletzte Sehnenansatz zur Heilung angeregt. Dies geschieht u.a. durch eine nachgewiesene lokale Entzündungshemmung bei fokussierter Anwendung auf den schmerzhaften Sehnenursprung am Knochen und durch eine muskelentspannende Wirkung im Bereich des Unterarms. In der Regel sollte die Stoßwellenbehandlung mehrfach in Intervallen durchgeführt werden, um die optimale Wirkung auszuschöpfen.

Stufe 2

Infiltrationen: Führen die Maßnahmen der ersten Stufe nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnis, kann die zweite Stufe gezündet werden. Zusätzlich zu allen bereits genannten Therapieformen kann eine Infiltrationstherapie sinnvoll werden. Das Einspritzen kortisonhaltiger Präparate wird nicht mehr als reflexartige Erstmaßnahme durchgeführt, sondern nur nach sorgfältiger Abwägung. Kortison hat zwar unbestritten einen sehr guten lokal entzündungshemmenden Effekt, kann jedoch auch zu Schädigungen der Sehnenstruktur führen. Eine ähnlich gute Entzündungshemmung kann mit Präparaten aus aufbereitetem patienteneigenem Blut erreicht werden. Diese angereicherten Eigenblutpräparate (ACP, PRP) stehen heutzutage im Mittelpunkt der Infiltrationstherapie.

 

Beispieldarstellung der Bewegungsgeschwindigkeiten von Becken, Rumpf, Arm, und Schläger beim Abschlag – eine kinematische Sequenz.
Beispieldarstellung der Bewegungsgeschwindigkeiten von Becken, Rumpf, Arm, und Schläger beim Abschlag – eine kinematische Sequenz. Quelle: https://report.qualisys.com/
r/PHzmGqGT6/details

Stufe 3

Operation: Die Operation ist in der modernen Behandlung des Tennis- oder Golferellbogens weit in den Hintergrund getreten, da die oben genannten Therapiestufen in der beeindruckenden Überzahl der Fälle zusammen mit dem Faktor Zeit zum Erfolg führen. Letztlich ist die Operation in drei Situationen noch von Bedeutung:

  • Patienten, bei denen die oben genannten Maßnahmen trotz längerer korrekter Anwendung und Umsetzung nicht zum Erfolg geführt haben.
  • Patienten, die einen strukturellen Schaden am Sehnenursprung haben, der auf die konservativen Methoden nicht zufriedenstellend anspricht. Dabei kann es auch sein, dass eine oder beide o.g. ersten Stufen übersprungen werden, sofern z.B. der gesamte Sehnenursprung abgerissen ist.
  • Patienten mit einer relevanten Instabilität des Ellbogens. Dies betrifft z.B. Patienten die intensiven Wurf- oder Schlagsport ausüben oder einen Unfall hatten, bei dem die Seitenbänder des Ellbogens verletzt wurden. Durch eine Instabilität kann eine Überlastung der Sehnenursprünge, mechanisch bedingt, kontinuierlich unterhalten werden, sodass rein konservative Therapien nicht zum Erfolg führen können. Dann muss eine operative Stabilisierung des Ellbogens erwogen werden.

 

Auf der Suche nach der zugrundeliegenden Bewegung des Körpers kann eine Animation in dreidimensionaler Ansicht erstellt werden.
Auf der Suche nach der zugrundeliegenden Bewegung des Körpers kann eine Animation in dreidimensionaler Ansicht erstellt werden. Quelle: https://report.qualisys.com/r/PHzmGqGT6/details

Prävention

Wurf- und Schlagsportarten wurden in diesem Text bereits mehrfach als mögliche Ursachen der Epikondylitis angesprochen. Durch den Tennisschlag oder den Golfschwung treten an den Sehnenursprüngen der Beuger und Strecker am Ellbogen erstaunlich hohe, zum Teil impulsartige Kräfte auf. In der Regel werden diese Kräfte erst dann wirklich spürbar, wenn die ersten Probleme, sprich Beschwerden, daraus entstehen.

Ein Golfer-Ellbogen kann das Ergebnis einer falschen Schlägerhaltung sein, oder die Bewegung wird hauptsächlich aus den Armen ausgeführt, ohne das Potential des restlichen Körpers auszunutzen. Ein optimaler Abschlag ist das Produkt des perfekten Zusammenspiels des ganzen Körpers vom großen Zeh bis zum Kopf, der optimalen kinematischen Sequenz. Ganz vernachlässigbar ist der Arm natürlich nicht. Wenn man sich vorstellt, dass bei einem Abschlag der Arm eine Spitzenrotationsgeschwindigkeit von 900°/s erreicht (d.h. Sie müssten innerhalb einer Sekunde fast dreimal einen großen Armkreis machen) wird deutlich, dass hier große Kräfte wirken. Eine detaillierte Analyse der Schlagtechnik kann Klarheit bringen. Dazu wird die Bewegung des ganzen Körpers mittels modernster Mess- und Analyse-Technik genauestens unter die Lupe genommen.

Die Visualisierung des Schwungs lässt Potentiale zur Verbesserung erkennen. Die umfassende Bewegungsanalyse im Sport wird im biomechanischen Labor MOTUM (Human Performance Center), das gerade als die modernste Einrichtung Europas in Innsbruck entsteht, u.a. einen Schwerpunkt auf Golf und Ballsportarten haben.  Zur Analyse werden auf den ganzen Körper der SportlerInnen kabellose reflektierende Marker angebracht und die Bewegung des Golfschwungs mittels speziellen Hochgeschwindigkeitskameras in allen Bewegungsrichtungen gemessen. Mittels Kraftmessplatten im Boden wird auch auf die Kraftverteilung der Füße über den Boden nicht vergessen. Die Informationen können so zu einem ganzheitlichen Bild zusammengeführt und die individuelle Bewegung erklärt werden. Daraus ergeben sich wertvolle Hinweise für Training und Technik, um erst gar keine Beschwerden entstehen zu lassen. Denn kein Tennisspieler sollte einen Tennisellbogen, kein Golfer einen Golferellbogen haben.