Comeback am Schnee

Wintersport mit Kunst­gelenk

Dr. Florian Dirisamer - Orthopädie und Sportchirurgie, Puchenau bei Linz
Text: Florian Dirisamer und Christian Patsch

War man bis in die 1990er noch sehr zurückhaltend, was Sportausübung mit Endoprothese betrifft, eröffnete seither die technische Entwicklung neue Möglichkeiten. Früher wurden Patienten erst ab dem 65. – 70. Lebensjahr mit einer Endoprothese versorgt. Danach wurde ihnen von einer intensiven Sportausübung abgeraten, vor allem High Impact Sport war tabu. Man fürchtete frühe Lockerungen, vermehrten Verschleiß und Traumen, die zu schwer zu versorgenden Verletzungen führen könnten. In den letzten Jahrzehnten kam es zu beträchtlichen Verbesserungen, die die Welt des Sportes für Prothesenträger neu eröffneten.

 

Technische Entwicklung

Viele Jahre war das Polyethylen der limitierende Faktor in der Haltbarkeit von Endoprothesen. Nach 10 bis 15 Jahren führte der Abrieb zu vermehrten Entzündungen, die den Knochen angriffen und schließlich Lockerungsprozesse einleiteten. Heute werden hochvernetzte, mit Vitamin E versetzte Kunststoffe verwendet, deren Haltbarkeit man mit etwa 20 bis 25 Jahren annimmt. Im Hüftbereich werden auch Keramik-Keramik Paarungen verwendet, die kaum mehr Verschleiß zeigen. Im Bereich der Verankerung von Implantaten haben sich einerseits die Zemente und die Zementiertechnik verbessert, andererseits erleichtern neuartige Oberflächen die zementfreie Verankerung. Nicht zuletzt werden sowohl die Anatomie, als auch die Biomechanik der Gelenke mit neuem Prothesendesign immer besser imitiert.

 

Moderne Knie- und Hüftendoprothesen (rechts: © Zimmerbiomet, links: © DePuy)
Moderne Knie- und Hüftendoprothesen (rechts: © Zimmerbiomet, links: © DePuy)

OP-Technik

Neue Kenntnisse in der Biomechanik fanden natürlich Eingang in die Operationstechnik. Es kam zur Entwicklung neuer Instrumentarien, die die Implantation vereinfachten und verlässlich wiederholbar machten. An dieser Stelle sind auch minimal invasive, gewebeschonende Verfahren zu erwähnen, wie z.B. die muskelschonende Implantation von Kurzschäften im Hüftbereich.

Patienten

Auf Grund der technischen Entwicklung konnten vermehrt auch junge Patienten mit Endoprothesen versorgt werden. Dies führte natürlich zu verstärkter Begehrlichkeit hinsichtlich Sportausübung. Abhängig vom individuellen Trainingszustand konnte dies auch zunehmend gewährt werden. Neue Skitechnik und Ausrüstung erleichtern dies zusätzlich.

Verbesserte Optionen für Komplikationsversorgung

Früher waren Verletzungen wie Brüche des umhüllenden Knochens (periprothetische Frakturen) oder komplexe Bandverletzungen bei liegenden Prothesen sehr gefürchtet. Heute stehen moderne Systeme zur Verbindung von Knochen (Osteosynthesesysteme) und modulare Revisionsmodelle zur Verfügung, die fast jedes dieser Probleme lösen können.

Was ist sinnvoll?

Ski fahren ist in Österreich sehr beliebt. Auch viele ältere Personen möchten damit nicht aufhören. Es ist sicher nicht sinnvoll allen Prothesen-Patienten generell das Skifahren zu erlauben. Wenn allerdings einige Faktoren erfüllt sind, kann mit relativ geringem Risiko der Skisport ausgeübt werden.

Voraussetzung ist ein gutes Operationsergebnis. Beweglichkeit und Stabilität des Gelenks müssen ausreichend sein, die Schmerzfreiheit gegeben sein. Darüber hinaus ist ein guter Trainingszustand erforderlich. Muskelkraft und Koordination sollten in einem Back to sport Test geprüft werden. Grundsätzlich sollte bereits präoperativ eine gute Skitechnik bestanden haben, das Neulernen des Skifahrens nach Prothesenoperation ist sicher nicht sinnvoll. Sind die Voraussetzungen gut, ist ein langsamer Aufbau empfehlenswert. Man beginnt bei Schönwetter auf gut präparierten Pisten. Ziel ist ein moderates Skifahren auf Freizeitniveau. Snowboarden würde ich generell eher nicht empfehlen, da es auch bei geübten Boardern regelmäßig zu sehr vielen Stürzen kommt. Eislaufen, Rodeln, Langlaufen und Schneeschuhwandern sind ohne große Probleme möglich.