Leben ala Carte 1603

Gangschule

Wandern mit Knieprothese

Caroline Hepperger
Text: Caroline Hepperger

Steigende Lebenserwartung und ein erhöhtes Aktivitätsniveau im fortgeschrittenen Alter führen zu einem enormen Anstieg der jährlich implantierten Knietotalendoprothesen (Knie-TEPs), welche sich von 2000 bis 2013 verdoppelten.

 

Die Wandergruppe auf dem Weg zum Birgitzköpfl
Die Wandergruppe auf dem Weg zum Birgitzköpfl

 

Während früher das primäre Ziel die Schmerzfreiheit war, so ist heutzutage der Erhalt bzw. die Rückkehr zur Aktivität für viele Patienten mindestens ebenso wichtig. Es hängt von zahlreichen Faktoren ab, in welchem Ausmaß die sportliche Aktivität nach einer Knie-TEP möglich ist. Voraussetzung dafür ist eine exakte Operationstechnik mit einem Implantat, das den modernsten Ansprüchen genügt und langlebig ist. Die nach der Operation durchgeführte Physiotherapie, bei der Beweglichkeit, Kraft und Koordination im Fokus stehen, schafft die Basis für sportliche Aktivität. Auch die bisherige Erfahrung des Patienten in seiner Sportart hat einen wesentlichen Einfluss auf das künftige Aktivitätsniveau. Ein moderates Maß ist in jeder Sportart anzustreben.

Wissenschaft unterstützt bisherige Erfahrungswerte

Es gibt Empfehlungen der Knee Society aus dem Jahr 1999, welche Sportarten Patienten mit einer Knie-TEP ausüben dürfen. Angelehnt an diese Empfehlungen (Abb.1) gibt der Arzt für die spezielle Situation seiner Patienten Empfehlungen ab. Es liegt nach wie vor im Ermessen des Arztes, welche Sportarten er seinen Patienten empfiehlt. Bisher wurden viele Entscheidungen auf Grund von Erfahrungswerten getroffen. Mit unseren Studien konnten wir diese Erfahrungswerte nun auch wissenschaftlich belegen.

In einer Studie in Zusammenarbeit mit der Universität Salzburg konnte das Ärzteteam von Gelenkpunkt viele positive Effekte des Schifahrens hinsichtlich Koordination, Kraftaufbau, Wohlbefinden und Schmerzempfinden für ihre Patienten aufzeigen. Auch ergab die Studie, dass Stürze und Verletzungen von Knieendoprothesenpatienten beim Schifahren eine Seltenheit darstellen. Vielmehr schützen eine verbesserte Muskelkraft und eine bessere Koordination vor Unfällen im täglichen Leben.

Wandern mit Knietotalendoprothese

Wandern ist die beliebteste Sommersportart unserer Patienten mit künstlichen Knie-Gelenken ist. Im vergangenen Sommer wanderten im Rahmen einer Studie 25 Patienten (Wandergruppe) über einen Zeitraum von 12 Wochen 2 – 3 Mal wöchentlich. Bei den Touren rund um Innsbruck legten die Studienteilnehmer 9870 Höhenmeter und eine Distanz von 194 km zurück. Die Gruppe wurde von einem Wanderführer begleitet, um eine optimale Betreuung zu gewährleisten. Während dieser Zeit ging eine zweite Gruppe (Kontrollgruppe) den Aktivitäten des alltäglichen Lebens nach. Das Ziel dieser Studie war herauszufinden, ob sich durch das Wandern die funktionalen Fähigkeiten, sowie die Lebensqualität von Patienten mit einer Knie-TEP verändern.

 

Abb. 2: Ergebnisse der Wandergruppe und Kontrollgruppe beim Treppensteigtest
Abb. 2: Ergebnisse der Wandergruppe und Kontrollgruppe beim Treppensteigtest

 

An 3 vereinbarten Terminen (Eingangstest = vor dem Wandern; Ausgangstest = direkt nach dem Wandern; Retentionstest = 8 Wochen nach dem Wandern) wurden bei den Studienteilnehmern verschiedene Tests, beispielsweise ein „Treppensteigtest mit Zeitmessung“ durchgeführt. Zusätzlich füllten die Patienten noch Fragebögen zu ihrer Befindlichkeit und Lebensqualität aus. Wir konnten herausfinden, dass die Wandergruppe bessere Ergebnisse beim Treppensteigtest erzielte. Sowohl beim Treppen rauf gehen, also auch beim Treppen runter gehen, verbesserte sich diese Gruppe. Vor Beginn der Wanderungen benötigte die Gruppe durchschnittlich 7,9 Sekunden für die Absolvierung des Tests. Am Ende der Studie dann nur noch 6,6 Sekunden. Die Kontrollgruppe erzielte beim sogenannten Eingangstest ebenso eine durchschnittliche Zeit von 7,9 Sekunden. Am Ende der Studie benötigen sie allerdings 7,7 Sekunden für den Treppensteigtest (Abb. 2). Zusätzlich verbesserte sich die Lebensqualität bei der Wandergruppe. Die Ergebnisse der Kontrollgruppe blieben in etwa gleich.

Basierend auf den Ergebnissen, können wir folgendes schlussfolgern: Wandern verbessert die funktionalen Fähigkeiten und Lebensqualität von Patienten mit einer Knie-TEP. Dies hat auch Auswirkungen auf das alltägliche Leben. Durch das Wandern gelingt das Treppensteigen mit Einkaufstaschen, Hausarbeit oder auch das Einsteigen ins Auto uvm. wesentlich leichter. In einem angepassten Ausmaß steht dem Wandervergnügen nichts im Weg.

Aktivitäten nach Knie-TEP

adaptiert von Knee Society Survey 1999 (Abb. 1)

Aktivitäten nach Knie-TEP – adaptiert von Knee Society Survey 1999 (Abb. 1)