Leben ala Carte 1603

Bin ich zu jung für die Prothese?

Mythen und Fakten rund um Gelenkserkrankungen

Dr. Florian Dirisamer - Orthopädie und Sportchirurgie, Puchenau bei Linz
Text: Florian Dirisamer und Christian Patsch

Wenn es viele Menschen sagen, dann wird wohl etwas dran sein“. Bestimmt kennen Sie Aussagen wie diese. Aber halten diese Behauptungen einer genaueren Betrachtung wirklich stand? Wir haben 5 häufige Patientenaussagen rund um Gelenkserkrankungen aufgegriffen und auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Mythos oder Fakt? Überzeugen Sie sich selbst.

 

Bin ich zu jung für die Prothese?

1. Ich bin zu jung für eine Gelenksprothese.

Hierbei handelt es sich eindeutig um einen weit verbreiteten Irrtum. Moderne Implantate weisen eine Haltbarkeit von 20 bis 25 Jahren auf, bei rechtzeitigem Wechsel der Verschleißteile wie Kunststoff- oder Kugeleinsätze sogar noch länger. Oft stellt der Gelenksersatz nach schweren Unfällen oder bei Tumorerkrankungen die einzige Alternative dar – unabhängig vom Alter. In diesen Fällen steht eindeutig der Gewinn an Lebensqualität durch Bewegung im Vordergrund. Generell befindet sich die Zahl der implantierten Kunstgelenke weltweit im Steigen – jeder zehnte Patient ist bereits jünger als 65 Jahre.

2. Mit einem künstlichen Gelenk kann ich keinen Sport (mehr) betreiben.

Ein eindeutiger Mythos. Ob Skifahren, Tanzen, Wandern, Radfahren oder Golfspielen – erlaubt ist, was gefällt. Die Kombination aus innovativen Operationsverfahren und neuen Implantaten, welche erheblichen Belastungen standhalten, machen Sport für Prothesenträger möglich. Einzig Kontaktsportarten wie Fußball oder Hockey sind nicht geeignet.

3. Sport ist Mord.

Dieses Zitat wird insbesondere von Bewegungsmuffeln immer wieder gerne vorgebracht, oftmals ergänzt um Winston Churchills wohl berühmteste Aussage „No Sports“. Im Gegenteil: vernünftig betrieben, kann Sport viele gesunde Lebensjahre bringen und das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes oder Schlaganfälle verringern. Außerdem schützt eine gut trainierte und gedehnte Muskulatur Gelenke vor frühzeitiger Abnützung (Arthrose). Die verbesserte Koordinationsfähigkeit reduziert zudem das Verletzungsrisiko durch Stolpern oder Stürze.

4. Bewegungsmangel verursacht Osteoporose

Eine wahre Aussage. Bis zum 30. Lebensjahr baut der Mensch kontinuierlich Knochenmasse auf, danach beginnt der langsame Abbauprozess, bei dem sowohl die Knochendichte als auch -festigkeit abnehmen. Osteoporose, im Volksmund besser bekannt als „Knochenschwund“, tritt vor allem im höheren Lebensalter auf. Frauen sind häufiger davon betroffen als Männer. Als wichtigste Ursachen gelten hormonelle Veränderungen, ein Mangel an Vitamin D und Kalzium sowie zu wenig Bewegung. Sport spielt hier insofern eine Rolle, als der Knochen belastet werden muss, um ausreichend mit Nährstoffen versorgt zu werden. Bewegungsformen, bei denen es zu einer Krafteinwirkung auf das Skelett kommt, verlangsamen nicht nur den Knochenabbau, sondern unterstützen auch dessen Neubildung.

5. Ein gerissenes Kreuzband kann durch Muskeltraining kompensiert werden.

Eine gut trainierte Muskulatur hilft, das Kniegelenk zu stabilisieren. Ob eine Operation notwendig ist oder nicht, hängt weniger vom Trainingszustand der Muskulatur, als vielmehr davon ab, ob das Kreuzband nur ein- oder zur Gänze durchgerissen ist. Eine komplette Ruptur muss vor allem bei sportlich aktiven Menschen frühzeitig operativ versorgt werden, da das Risiko für Sekundärschäden wie Meniskusrisse oder vorschnelle Gelenksabnützung bei langem Zuwarten zu groß ist.