Schulterzucken

Beim Sturz auf die Schulter sind bestimmte Verletzungsmuster typisch.

PD Dr. Christian Hoser - Gelenkpunkt
Text: Priv. Doz. Dr. Christian Hoser

In der kalten Jahreszeit häufen sich Stürze auf die Schulter. Vereiste und beschneite Untergründe machen ein Ausrutschen wahrscheinlicher und die Schnelligkeit des Wegrutschens macht es uns unmöglich, den Sturz durch ein rechtzeitiges Abstützen mit der Hand zu bremsen.

Obwohl es sich bei einer Schulterluxation oder einem Schlüsselbeinbruch meist um Blickdiagnosen handelt, braucht es natürlich doch eine exakte bildgebende Diagnostik. Bei knöchernen Verletzungen reicht ein Röntgen meist aus, bei Verletzungen der Gelenke muss dies um CT und MRI ergänzt werden. Im Folgenden werden in fünf beispielhaften Fällen die Verletzungsarten dargestellt und die häufigsten operativen Versorgungsmethoden anhand der Bilder erklärt.

 

Schlüsselbeinbruch: oben: das gebrochene Schlüsselbein / unten: geheilt mit TEN Stabilisierung
Schlüsselbeinbruch: oben: das gebrochene Schlüsselbein / unten: geheilt mit TEN Stabilisierung

Schlüsselbeinbruch

Im ersten Fall sehen wir einen Schlüsselbeinbruch, der sehr schmerzhaft und per Blickdiagnose meist leicht zu erkennen ist. Die im zweiten Bild gezeigte Versorgungsmethode nennt sich intramedulläre Markdrahtung mit einem sogenannten Titanium Elastic Nail.

Die Möglichkeit der minimalinvasiven Operationstechnik mit einer wenige Millimeter langen Narbe über dem brustbeinseitigen Ende des Schlüsselbeins, machen diese Methode gegenüber der Verplattung, die doch eine große Narbe in einer nicht unbedingt kosmetisch belanglosen Position hinterlässt, sehr attraktiv. Durch die operative Versorgung kann die drohende Verkürzung und Verschiebung im Schlüsselbein verhindert werden. Ebenso ist die Stabilisierung des Schlüsselbeins mit dieser Methode sofort mit einer massiven Reduktion der Schmerzen verbunden, während bei einer konservativen Therapie Schmerzen über ein bis zwei Wochen normal sind.

 

Oberarmkopfbruch: links: gebrochener Oberarmkopf / rechts: Bruch mit Platte stabilisiert AC Luxation: oben: das Schlüsselbein steht massiv höher / unten: Position durch Tight rope korrigiert
Oberarmkopfbruch: links: gebrochener Oberarmkopf / rechts: Bruch mit Platte stabilisiert, AC Luxation: oben: das Schlüsselbein steht massiv höher / unten: Position durch Tight rope korrigiert

Schultergelenksverrenkung

Im zweiten Fall sehen wir die Verrenkung des Schultereckgelenks, bei der es zu einem Riss der Bänder zwischen Schlüsselbein und Schulterblatt kommt, wodurch das Schlüsselbein nach oben heraus steht. Auch für diese Verletzung hat sich in den letzten Jahren eine neue und verbesserte Operationsmethode bewährt. Diese stellt eine Verbindung zwischen dem Rabenschnabelfortsatz des Schulterblatts und dem Schlüsselbein wieder her, um die Heilung der Bänder in korrekter Position zu ermöglichen.

Oberarmkopfbruch

Bei der Oberarmkopf-Fraktur handelt es sich um eine sehr schmerzhafte Verletzung. Die Herausforderung an die Behandlung ist in diesem Fall, die korrekte Stellung der gebrochenen Teile des Oberarmkopfes zu gewährleisten und wenn dies nicht gegeben ist, durch operative Maßnahmen wieder herzustellen. Im gezeigten Beispiel ist die Stabilisierung der Knochenfragmente mit einer Platte am Oberarm erfolgt. Nach dieser Operation kann der Arm in beschränktem Umfang und durch Physiotherapie unterstützt, sofort wieder bewegt werden. Kleine und leichte Tätigkeiten vor dem Körper können mit der Hand ausgeführt werden, so dass die Armfunktion nicht vollkommen eingeschränkt ist.

 

Schulterluxation: Links zeigt die luxierte Schulter / Mitte zeigt ein MR Bild der abgerissenen Gelenkslippe / Rechts zeigt die refixierte Gelenklippe mit arthroskopischer Ankertechnik
Schulterluxation: Links zeigt die luxierte Schulter / Mitte zeigt ein MR Bild der abgerissenen Gelenkslippe / Rechts zeigt die refixierte Gelenklippe mit arthroskopischer Ankertechnik

Schulterluxation

Durch das gewaltvolle Auftreffen an der Seite der Schulter wird der Kopf des Oberarms aus dem Schultergelenk heraus gedrückt. Dadurch kommt es praktisch immer (in ca. 90 % der Fälle) zu einem Riss des Labrum-Bandapparats des Schultergelenks. Es ist nachgewiesen, dass in der Jugend, bzw. im jungen Erwachsenenalter 90 % der Patienten bei späterer Aufnahme von sportlichen Aktivitäten eine Reluxation erleiden. Die arthroskopische Reparatur dieses Bandrisses senkt die Rate der Wiederverletzung auf 10 bis 15 %. Aus diesem Grund ist es für junge aktive Patienten durchaus sinnvoll, auch bei einer Erstluxation einen arthroskopischen Eingriff durchzuführen, um die Bandheilung zu ermöglichen, die ohne Operation nicht oder nur sehr inkomplett erfolgt.

 

Sehnenriss = Rotatorenmanschettenriss: links: Riss der Sehne im MR / Mitte: Schema der Sehnenrefixation / rechts:Arthroskopie-Bild der refixierten Sehne
Sehnenriss = Rotatorenmanschettenriss: links: Riss der Sehne im MR / Mitte: Schema der Sehnenrefixation / rechts:Arthroskopie-Bild der refixierten Sehne

Rotatorenmanschetten-Ruptur

Der Riss der Rotatorenmanschette ist eine nicht sichtbare Verletzung der Schulter. Dieser zeigt sich bei der Untersuchung durch einen Kraftabfall beim Bewegen des Arms und wird durch Ultraschall und MRI nachgewiesen. Wenn sich Schmerz und Kraft mehrere Tage nach einem Sturz auf die Schulter nicht bessern, sollte unbedingt zusätzlich zum Röntgen eine Abklärung erfolgen, um die Rotatorenmanschette zu beurteilen. Wenn der Riss nur einen kleinen Teil der Rotatorenmanschette betrifft, kann durchaus ohne Operation vorgegangen werden. Es ist jedoch notwendig, den Verlauf in kurzen Abständen zu kontrollieren. Ist die Sehne stark zurückgezogen, ist eine operative Reparatur nach mehreren Monaten nur noch schwer möglich.

Moderne operative Verfahren bieten eine Wiederherstellung der verletzten Strukturen, die zu einem verlässlichen Ausheilungsergebnis führt. Die operative Stabilisierung ermöglicht eine postoperative frühfunktionelle Behandlung durch den Physiotherapeuten. Eine vollständige Ruhigstellung ist damit nur selten notwendig.