Leben a la Carte 0223

Nachwuchs 4.0

Fußball ohne Schiedsrichter? Das geht!

Raphael Koch, Sportdirektor des OÖ FUSSBALLVERBANDES
Text: Raphael Koch, Sportdirektor des OÖ FUSSBALLVERBANDES

„Foul!!!“, ruft Manuel. Stefan, der vermeintliche Täter, meint: „Naja“. Auf den Schiedsrichterpfiff wartet man vergeblich. Die beiden Mannschaften, insgesamt sechs Spieler, versammeln sich um den „Tatort“ und beschließen kurzerhand: „Ja, das war ein Foul“! Ohne große Diskussion wird das Spiel mit dem Freistoß fortgesetzt.

 

 

Mit dieser neuen Situation fremdeln meist nur die zuschauenden Eltern. Die Spieler kommen mit dem Turnierformat im Nachwuchsfußball gut zurecht.

Die 6- bis 8jährigen spielen drei gegen drei auf einem Spielfeld 25 x 20 (U7), bzw. 29 x 22 (U8). Das Spiel dauert acht Minuten. Alle zwei Minuten muss gewechselt werden. Eingesetzt werden dürfen maximal sechs Spieler pro Team. Die dramatischsten Änderungen: Es wird auf vier Tore statt auf zwei gespielt und es gibt keinen Schiedsrichter. Bis inklusive dem Altersbereich U8 werden ausschließlich eintägige Turniere gespielt. Erst danach stehen Einzelspiele mit Meisterschaftscharakter am Programm, wobei die Altersbereiche U9 und U10 im Format 5 gegen 5, die Altersbereiche U11 und U12 im Format 9 gegen 9 gespielt werden. Schiedsrichter gibt es erst ab der U11 und erst ab dem Altersbereich U14 gibt es Spiele elf gegen elf aufs große Feld.

Im österreichischen Nachwuchsfußball findet gerade einer der größten Relaunches der Geschichte statt, der von zwei Intentionen getrieben wurde. Einerseits die Spieler und Mannschaften länger bei der Stange zu halten (weniger Spieler spielen mehr) und andererseits, um die individuelle Entwicklung des Einzelnen zu fördern (mehr Ballkontakte, kein Haufenfußball durch vier Tore). Wir haben gesehen, dass bei den Knabenmannschaften im Wesentlichen zwei bis drei Talente pro Mannschaft das Spiel prägen, während die anderen nicht selten herumstehen und Blumen pflücken. Der deutsche Sportwissenschafter Matthias Lochmann hat dazu die Fakten geliefert. Es macht ein wenig stolz, dass wir in Österreich in der Umsetzung schneller als die Deutschen waren. Der Frauenfußball war nicht Auslöser für das neue Format, wurde aber gut mitgedacht. Bis zum 10. Lebensjahr funktioniert die Inklusion Mädchen und Buben gut, dann nicht mehr. Grundsätzlich wird der Fußball durch die Mädels gerade neu sozialisiert. Das tut unserem Sport gut.