Wandern

Nicht nur des Müllers Lust


Text: Josef Wiesauer

Wie lange brauche ich noch bis zum Gipfel?“, fragt jemand. „Wie lange Du brauchst, weiß ich nicht, ich brauche noch dreißig Minuten“. Meine Antwort ist wenig hilfreich und klingt nach uncharmantem, einheimischem Talschlusstrottel. Aber leider ist die Standardfrage der Touristen seriös nicht anders zu beantworten.

Wandern ist ein weiter Begriff. Es erstreckt sich vom „langweiligen Familienausflug“, bei dem man von Gasthaus zu Gasthaus geht, bis zum Trekking in unterschiedlichstem Gelände. Im Land der Berge, legen wir den Schwerpunkt unserer Betrachtungen auf das Bergwandern. Wir reden also vom ambitionierten Bergsportler, der mit Trittsicherheit auf gesicherten und befestigten Wegen zum Gipfel strebt.

Beim Genusswandern stehen Naturerlebnis und Freude am Gehen im Vordergrund. Der natürliche Feind eines schönen Wandererlebnisses ist das Hetzen. Halten Sie sich fern von Leistungsgehern. Entscheiden sie selbst über Tempo und Route. Das geht am besten, wenn Sie Ihr eigener Guide sind.

 

Die Planung

Allem voran steht die Entscheidung für eine Tour, die Ihrer Fitness entspricht. Grundsätzlich kann fast jeder eine normale, mittellange Wanderung bewältigen. Genuss und Freude sind naturgemäß dann am größten, wenn man fitnessmäßig drüber steht und nicht ab dem zweiten Schritt mit den Elementen kämpft. Als gute Norm für die Einschätzung der Gehzeit gilt, man schafft pro Stunde vier Kilometer, bzw. 300 Höhenmeter im Aufstieg, oder 500 bis 600 Höhenmeter im Abstieg.

Der Wetterfrosch ist der beste Freund des Wanderers. Eine Tour, egal welchen Schwierigkeitsgrades, in Angriff zu nehmen, ohne den Wetterbericht zu studieren, ist grob fahrlässig. Das Wetter ist relevant für die Entscheidung, ob man eine Wanderung antritt und für die Wahl der Kleidung und der Ausrüstung.

Begibt man sich auf neues Terrain, so ist eine Wanderkarte zu empfehlen. Der Buchhandel hält für alle gängigen Wandergebiete Karten, am besten im Maßstab von 1:50.000, bereit. Wenn man Neuling im Kartenlesen ist, empfiehlt es sich, sich vorab damit auseinanderzusetzen. Eine Handy (das aus Sicherheitsgründen sowieso immer dabei ist) mit GPS leistet wertvolle Dienste im Gelände.

Eine entscheidende Frage schon bei der Planung ist, wandere ich alleine oder in der Gruppe. Beides hat etwas für sich. Wenn Sie sich für die Gruppe entscheiden, müssen Sie im Vorfeld eine Gruppe von Gleichgesinnten suchen. Der Anspruch an die Tour in Bezug auf Höhenmeter, Tektonik, Distanz, etc. sollte halbwegs kongruent sein. Auch die Attraktionen der Umgebung sollten von gemeinsamem Interesse geprägt sein. Während der eine beim Anblick einer grünen Wiese und ein paar Schwammerln in Verzückung gerät, brauchen andere wuchtige Gegend mit Felstürmen, wie in den Dolomiten. Ein ähnliches Leistungsniveau aller Gruppenteilnehmer, gepaart mit der entsprechenden Toleranz für die Schwächeren ist mehr als eine gute Basis für das Gemeinschaftserlebnis.

Teamsport heißt:

  • Für Unroutinierte bietet die Gruppe Sicherheit und die Chance, neue Touren zu entdecken.
  • Die ganze Logistik, wie Planung, An- und Abreise, etc. ist aufgrund der Aufgabenteilung für dein Einzelnen weniger Aufwand.
  • Man teilt Eindrücke und Erlebnisse
  • Menschen sind soziale Wesen und für das Team geschaffen. Beim Wandern kann man jederzeit miteinander kommunizieren und entspannt dabei. Wandern stiftet Freundschaften.

Alleingang heißt:

  • Man ist unabhängig und braucht sich nach Niemandem zu richten. Wenn man zwingend einen Partner sucht, fällt manche Wanderung ins Wasser.
  • Tempo und Pausen kann man völlig selbstbestimmt wählen.
  • Niemand stört die Zweisamkeit Ich und Natur. Man kann mit allen Sinnen die Natur sehen, hören, riechen und fühlen.

 

Richtig gehen

Die Trittsicherheit ist der kritische Erfolgsfaktor jeder Bergwanderung. Der Sturz ist die häufigste Todesursache beim Bergwandern. Die Hälfte der Bergtoten geht darauf zurück, die anderen 50 % auf internistische Probleme (Stichwort: Überanstrengung). Voller Sohlenstand, egal ob auf Fels, Geröll oder „im Gemüse“ sorgt immer für den besten Halt. Auf einer schrägen Ebenen braucht es dazu Beweglichkeit im Sprunggelenk und leicht nach vor geneigten Oberkörper. Dadurch bringt man die Belastung zentral auf das jeweilige Bein. Eine gut dosierte Schrittlänge spart Kraft, verringert das Tempo und erleichtert das Auftreten auf der gesamten Sohle. Die normale Treppenstufenhöhe von 20 cm liefert beim Bergaufgehen ein gutes Maß.

Zwei Drittel aller Unfälle passieren beim Abstieg. Gelenkschonend und gleichzeitig sicher ist man unterwegs, wenn der Oberkörper leicht nach vorne gebeugt und die Knie leicht abgewinkelt sind. Gerade bergab neigt man zur Rücklage, die das Risiko wegzurutschen erhöht. Nicht zu unterschätzen ist auch die kognitive Belastung. Mit zunehmender Dauer schwindet die Konzentration.

Sicherheit

Das Wichtigste in der Vorbereitung ist einerseits, die körperliche Fitness, die es braucht, herzstellen, andererseits die Route adäquat zu seinen physischen Möglichkeiten zu planen. Es ist unabdingbar, die Wetterlage im Zielgebiet regelmäßig zu beobachten und Kartenmaterial, bzw. GPS-Gerät vorzubereiten. Eine Wanderung ohne Handy anzutreten, ist undenkbar und jedenfalls hinterlässt man zu Hause Infos über Tour, Ziele und Rückkehr. Jedenfalls in den Rucksack gehören Alurettungsdecke und Pflaster (Leukoplast und Blasenpflaster). Elementar in der heutigen Zeit: Sorgen Sie für adäquaten Versicherungsschutz für Bergungskosten und medizinische Versorgung.

 

Gehen mit Stöcken

Schwerer Rucksack, Übergewicht, Bergabgehen, das belastet die Gelenke. Wanderstöcke sind ein adäquates Tool zur Entlastung, vor allem, wenn man schon unter chronischen Gelenksproblemen leidet. Sie sorgen auch für Stabilität und Sicherheit in unwegsamem Gelände oder auf Schneefeldern. Jede Medaille hat eine Kehrseite. Uneingeschränkter Einsatz von Stöcken schadet dem Gleichgewichtsgefühl und der Gehtechnik. Bei schwierigen Wegen (Kletterstellen, Seilversicherung) sind sie oft hinderlich. Bei manchen Touren empfehlen sich Gummipuffer für die Metallspitzen.

Mit entsprechender Planung, adäquater körperlicher Fitness und der richtigen Ausrüstung wird Ihre nächste Wanderung zur Genusstour.

Die Ausrüstung

von Bergsportspezialist Franz Lichtenegger, Bad Goisern

Bei der Bekleidung bewährt sich seit jeher das Zwiebelprinzip. Funktionelle Unterwäsche transportiert Schweiß gut ab und trocknet schnell. Bei der Außenbekleidung geht es um Tragekomfort und Bewegungsfreiheit. Im hochalpinen Bereich steht die Verschleißresistenz im Vordergrund, beim Wandern Gewicht und Komfort. Die Firma Adidas hat mit ihrer Terrex Linie die Dinge gut zu Ende gedacht und deckt die gesamte Palette ab.

Über den richtigen Schuh könnte man Seiten füllen. Die Palette reicht vom leichten Trailrunningschuh bis zum steigeisenfesten Bergschuh. Es gilt, je unwegsamer das Gelände, desto stabiler muss der Schuh sein, um Trittsicherheit zu gewährleisten. Je nach Wahl der Tour richtet sich das Schuhwerk. Der Schuhkauf braucht Zeit und sollte nachmittags erfolgen, weil die Füße im Lauf des Tages anschwellen. Nicht zu vernachlässigen sind auch die Wandersocken. So groß, wie die Bandbreite des Wandersports ist auch die Palette der Ausrüstung. Jeder Wanderer braucht einen Händler seines Vertrauens, der ihn situativ richtig berät.

Der treue Begleiter jedes Wanderers, der Rucksack, muss die richtige Größe (in Liter), adäquat zur Länge der Tour, haben. Die Kernqualität des Rucksacks ist das Tragesystem. Speziell die Rückenlänge muss zur Statur passen. In den Rucksack gehören die Kleidung, die Notfallausrüstung und natürlich die Trinkflasche.

Buchtipp: