In der Welle

Riversurfen

Wassertemperatur: 8°, Außentemperatur: 15°, Schneebedeckte Berge.

Kuschelige Bedingungen zum Couchsurfen. Fehlanzeige! Das Schmelzwasser sorgt für eine 1,5 Meter hohe und 10 Meter breite, fette Welle. Bei der größten Welle Europas stehen die echten Surfer Schlange und warten auf ihren Run. Riversurfen boomt!

Europa ist führend beim neuen In-Sport, Österreich, Deutschland und die Schweiz kann man als das Epizentrum bezeichnen. In Ebensee steht seit fünf Jahren an der Traun die größte „halbnatürliche“ Welle. Wahrscheinlich ist sie sogar die weltgrößte. Eine noch rasantere Entwicklung des Sports verhindern schwierige Genehmigungs- und Bewilligungsverfahren. Ortsunabhängige, künstliche, von Pumpen betriebene Wellen werden jedoch vielerorts für Events aufgebaut. 

Das Publikum hat sich in den fünf Jahren stark verändert. Waren es am Anfang Adrenalinjunkies, ist es jetzt zu einem normalen Sport für alle geworden. „Vergleichbar mit Padel Tennis oder Mountainbiken geht man am Abend und am Wochenende surfen“, so das Mastermind von „THE.RIVERWAVE“, Max Neuböck. Zu Beginn lag der Frauenanteil bei gefühlt 20 %, jetzt sind es schon eher 40 %. Das Publikum geht von jung bis alt. Unser Ältester ist 75 Jahre alt. Der Sport ist gut familientauglich. Allein für zu kleine Kinder ist er nicht geeignet. 40 kg sollte man schon aufs Wasser bringen. 

„Schwimmen wäre nicht schlecht“,

meint Max auf die Frage, was es an es an Voraussetzungen braucht. Surfen kann jeder. Auch wenn es anders aussieht, es ist leicht zu erlernen. Während man beim Skifahren nach einem Dreitages-Kurs noch nicht viel kann, dauern hier die Standardkurse zwei bis drei Stunden. Mit etwas Talent kann man sich dann, die 30 Sekunden, die man für einen Run zur Verfügung hat, am Brett halten. 

70 % des Körpergewichts ruhen auf dem hinteren Bein, 30 % auf dem vorderen. Die Turns werden durch die Rotation des Oberkörpers ausgelöst. Man fährt dahin, wo man hinschaut. Über Hüfte und Beine wir die Bewegung auf das Brett übertragen. Die Beine machen den Spin. Ziel ist es, einen liegenden 8er zu fahren. Man beginnt auf der Welle seitlich oben, fährt hinunter und auf der anderen Seite wieder hinauf, macht den Turn und beginnt von vorne. Nach 15 Runs blickt man zufrieden zurück auf einen Tag in der Welle. 

Für 1.300 Euro bekommt man eine Top-Ausrüstung mit Brett, Neoprenanzug und Schuhen. Beim Brett entscheidet man sich zwischen dem billigeren, langlebigeren, weichem Softboard und dem Hardboad mit Schaumkern und Polyestermantel, das reaktiver ist. 

Dauerwelle

Surfen ist ein Ganzjahres-Outdoorsport, das heißt, die Jahreszeiten prägen das Erlebnis. Im Sommer ist es warm und der Wasserstand niedrig. Der Herbst ist der Joker, wetterbedingt bekommt man alles oder nichts. Im Winter gibt es wenig Wasser und viel Kälte, das Frühjahr ist durch die Schneeschmelze die beste Saison. Man kann an 365 Tagen im Jahr surfen. By the way, THE.RIVERWAVE hat 250 Tage geöffnet, die Jahreskarte kostet EURO 580,00.  

Ganz bei Dir – Du bist in der Welle  

Die Faszination beim Riversurfen ist das Zusammenspiel der Kräfte. Die Schwerkraft zieht nach unten, das Wasser treibt Dich nach oben. Wie lange kannst Du die Schwerkraft außer Kraft setzen und so gegen das Wasser kämpfen, dass Du in der Welle bleibst – das bringt dich in den Flow. Die wechselnden Bedingungen des Outdoorsports tun das Ihre. Bei Niedrigwasser fährt es sich wie auf einer präparierten Piste, bei Schmelzwasser, wie in 70 cm tiefem Pulverschnee. That’s it, das ist unser Sport.

Es gibt auch Wettkämpfe. Die Wertung erfolgt in 6 Kategorien:

  • Variabilität: wie kreativ ist der Surfer
  • Turns: wie weit werden die Turns ausgereizt 
  • Tricks: Rotationen mit dem Brett, z. B. 360° und
  • Flips: bei denen sich Körper und Brett getrennt bewegen
  • Intensity: selbsterklärend
  • Snaps / radical Turns: wie weit spritzt das Wasser

Gewertet wird von drei Kampfrichtern, jeder Teilnehmer hat vier Versuche, von denen zwei zählen. 

Wettkampf- und Verbandsstrukturen stecken noch sehr in den Kinderschuhen. In Österreich gibt es keinen Verband, International fehlt es an Struktur und Infrastruktur. 

Meer versus Fluss

Man kann Sport und Erlebnis schwer miteinander vergleichen. Riversurferfahrung hilft Dir am Meer erst, wenn Du am Brett stehst. Das Nadelöhr beim Surfen auf der Meereswelle ist ja, dass Du aufs Brett kommst. Wem 30 Sekunden mal 15 als Nettosurfzeit wenig vorkommen, dem sei gesagt, das schaffst Du am Meer nie. Das Erlebnis im Meer zu surfen, mit der Welle im Rücken, ist wahrscheinlich nicht zu toppen, wobei das Naturerlebnis an der Traun mit im Frühjahr schneebedeckten Bergen, rundherum Wald und Wiese, auch nicht zu verachten ist. Nicht zu vergessen, der soziale Aspekt der Community. 

Was bringt die Zukunft?

„Wir stehen derzeit bei 10.000 Surferdays pro Jahr. Ich denke, dass wir das noch verdoppeln können. Eventuell gibt es in paar Jahren dreimal so viele Wellen. Dass die Wellen größer werden ist unwahrscheinlich. Mehr als 10 Meter sind wirtschaftlich nicht zu betreiben“, so Max Neuböck.