Essenssprüche, die keiner braucht

Günther Lainer
Text: Günther Lainer
Illustration: peng
Illustration: peng

Ich bin mit Sprüchen aufgewachsen, wie: “Aufessen, damit das Wetter morgen schön wird.“ oder „Waren deine Augen wieder ­größer als der Magen?” oder “Du musst vorher den Salat essen, du musst das Gemüse dazu essen und wenn du brav zusammen isst, gibt’s danach etwas Süßes.” Wenn du nach Protokoll isst, das heißt Suppe, Salat, Vorspeise, Hauptspeise, Nachspeise – und ich weiß, dass ich die Nachspeise sicher esse, aber zuerst esse ich alles andere, weil es sich so gehört, – dann habe ich mich überessen.

Das ist wie in der Schule. Dort hatte ich: 1. Stunde Englisch; 2. Stunde Deutsch; 3. Stunde Mathematik; 4. Stunde Religion; 5. Stunde Turnen. Und bei Religion habe ich schon gespürt: Turnen geht sich nicht mehr aus. Ich finde, der gefährlichste Spruch lautet: “Du musst dir den Hunger aufheben.”

Denn ich habe beobachtet, dass Hunger einer der stärksten Triebe von uns Menschen ist. Wenn du dir den Hunger aufhebst, kommt es zum Heißhunger. Dann isst du viel mehr, als du brauchst. Dann esse ich mich um den Verstand, und das ist die sicherste Methode zuzunehmen. Eine letzte Volksweisheit noch: “Das Essen war fett – jetzt brauche ich ein „Verdauungsschnapserl“. Aber geht es uns nach einem „Schnapserl“ besser? Ja, trügerischerweise: Weil der Alkohol auch ein Betäubungsmittel ist und sich die Magennerven entspannen, und jetzt spürst du das Völlegefühl nicht mehr. Und was macht man jetzt mit der neu gewonnenen Freiheit? Ich glaube, da geht sich noch ein „Malakofftorterl“ aus.

Veröffentlicht in Essay