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Der Klügere gibt nach

Exzentrisches (nachgebendes) Muskeltraining ist schlau

Doris Auer
Text: Doris Auer

Kraft und Muskulatur sind untrennbar miteinander verbunden. Kraft ist ein Teil der konditionellen Fähigkeiten und bedeutet, äußeren Kräften entgegen zu wirken bzw. diese zu überwinden. Die Ausprägungsformen der Kraft sind Maximalkraft, Schnellkraft, Reaktivkraft und Kraftausdauer. Die Anspannungsform kann konzentrisch, exzentrisch oder isometrisch sein. Je nach Trainingsziel wählt man die Methode, sprich Ausprägungsform und Art der Muskelspannung.

 

Tiefsprünge sind eine klassische Anwendungsform von exzentrischem Training / Bankdrücken

 

Das exzentrische Muskeltraining wurde in den letzten Jahren vor allem in den Bereichen Therapie und Prävention (Achillessehnenprobleme, Jumpers Knee, Muskelverletzungen) immer wichtiger. Bei einer exzentrischen Muskelanspannung kommt es zu einem Dehnungsreflex und einer Verlängerung der elastischen Komponente des Muskels. Der Dehnungsreflex wird durch die Muskelspindel aktiviert.

Der Muskel kann exzentrisch bis zu 1,3mal mehr Spannung aufbauen als konzentrisch bzw. isometrisch. Dies wird durch eine zusätzliche neuronale Aktivierung und passiv-elastische Kräfte des Bindegewebes ausgelöst.

Dieser Effekt ist die Basis für die Intensität beim Training, die im supramaximalen Bereich (mehr als der Muskel konzentrisch leisten kann) liegt.

Die Auswirkungen eines exzentrischen Muskeltrainings sind:

  • Die elastischen Komponenten des Muskels lernen, einer Dehnung zu widerstehen (Stiffness)
  • Erhöhung der Muskellänge (Vermehrung der Sarkomere)
  • Erhöhung der Fläche von Typ II Muskelfasern (schnellzuckend)
  • Verbesserung der Qualität des Sehnengewebes
  • Vermehrung des Sehnengewebes
  • Verbesserung der Schnellkraft und des Dehnungs-Verkürzungszyklus
  • Verbesserung der Maximalkraft
  • Muskelwachstum
  • Deutlich höherer Kraftgewinn als durch konzentrisches Training
  • Erhöhung der Muskelaktivität um das 2- bis 3fache im Vergleich zu einer maximalen isometrischen Kontraktion.

In der Trainingspraxis bedeutet exzentrisches Training, dass man

  • mit supramaximaler Intensität (mehr Gewicht als man konzentrisch bewältigt) trainiert
  • spezielle Übungsdurchführung notwendig ist und man bei vielen Übungen zwei Helfer benötigt
  • die Übung ausschließlich nachgebend ausführt
  • bei erstmaliger Ausführung mit mittleren bis starken Muskelkatersymptomen rechnen muss, jedoch über mehrere Monate resistent wird
  • weniger Energie verbraucht

Beispiel: Bankdrücken in Rückenlage

Die Langhantel wird nachgebend bis zur Brust abgesenkt. Zwei Hilfesteller heben die Langhantel wieder in die Ausgangsposition.

Das exzentrische Muskeltraining, vor allem mit neuen und ungewohnten Übungen, sollte zu Beginn mit mäßiger Geschwindigkeit, kleinen bis mittleren Amplituden und allmählicher Steigerung der Intensität durchgeführt werden. Dies vermeidet ausgeprägte Muskelkatersymptome, die mit entsprechenden Kraftverlusten und nachfolgender Nicht-Belastbarkeit einhergehen.