Michaela Kirchgasser

Von der Weltmeisterin zur Hobbysportlerin

Drei Wochen vor der WM in St. Moritz 2017 kommt Michi Kirchgasser zu Ihrem Vertrauensarzt, Christian Fink, mit dem Wunsch, sie am Knie zu operieren, damit sie in der nächsten Saison voll attackieren kann. Christian schlägt ihr vor, eine letzte Spritze zu verabreichen, damit sie die WM bestreiten kann, wenn sie ihm verspricht, danach ihre Karriere zu beenden. Gesagt, getan! Kirchgasser macht Bronze – und … fährt weiter!

 

Michi Kirchgasser

 

Das Skifahren wurde Dir in die Wiege gelegt? 
Das kann man in meinem Fall wirklich so sagen. Meine Mutter fuhr selber Skirennen und hat mir das Skifahren beigebracht, Am Ende der ersten Woche bin ich mit 2 ½ Jahren alleine die schwarze Piste hinunter gefahren. Bei meinem ersten Rennen als Kind war ich gleich schnell, wie die Buben. Mein Talent war schon früh sichtbar.

In der öffentlichen Wahrnehmung verlief Deine Karriere immer gerade nach oben.
Na ja, ich war seit 2003 im Nationalteam, habe 2007 den ersten Weltcupsieg im Riesentorlauf in der Sierra Nevada und WM-Team-Gold in Åre geholt. Aber 2010 fiel ich sportlich in ein Loch. Ich dachte, es geht nicht mehr weiter und sagte mir: Danke, das war’s. Meine Eltern und Trainer waren bereits eingeweiht. Da sagte im Supermarkt in Filzmoos eine Frau zu mir: „Du wirst für uns in Filzmoos immer die Gleiche bleiben, wegen dem, was Du bist, nicht wegen dem, was Du tust“. Diesen Satz vergesse ich nie. Ich bin weiter gefahren und meine eigentliche Karriere begann. 2011 in Garmisch Silber im Team, 2013 Silber im Slalom und Gold im Team. 2015 Gold im Team und Bronze in der Kombi, 2017 Bronze in der Kombi. In Summe vier Medaillen mit dem Team und drei Einzelmedaillen bei Weltmeisterschaften.

 

Geteiltes Leid ist halbes Leid: Michi Kirchgasser mit ihrem Vertrauensarzt Christian Fink
Geteiltes Leid ist halbes Leid: Michi Kirchgasser mit ihrem Vertrauensarzt Christian Fink

 

2017 bist Du gegen die Abmachung mit Christian weiter gefahren.
Ich war mit dem Thema Skirennlauf einfach noch nicht fertig. Im Nachhinein wäre es aus Sicht der Gesundheit vernünftig gewesen, 2015 aufzuhören. Da würde mir aber nicht nur eine Medaille, sondern auch ein interessanter Teil meiner Trainingserfahrung fehlen. In Bezug auf mein ramponiertes Knie die richtigen Übungen zu finden, das Konditraining individuell abzustimmen, war eine der spannendsten Erfahrungen meiner Laufbahn.

Wie geht es Dir jetzt mit Deinen Knien?
Ich bin heuer sieben Tage hintereinander Ski gefahren, das konnte ich seit 10 Jahren nicht mehr. Aber ich betreibe jetzt natürlich eine andere Sportart. Mit Serienskiern von der Stange anstatt mit Rennwaffen an den Beinen und ohne Druck im Kopf fahre ich nun extrem gerne Ski. Ich spiele leidenschaftlich Golf, fahre E-Bike und gehe Wandern und Skitouren. Das tut mir gut. Der Hometrainer wäre sinnvoll, geht aber vom Kopf aus gar nicht. Ich weiß, dass mein Knie kaputt ist und lebe gut damit. Ich bin eine Hobbysportlerin mit begrenzten Möglichkeiten. Springen, laufen, Tennis spielen geht nicht mehr. Ich weiß, dass mein Knie eine „Grundschwellung“ braucht. Das ersetzt ein bisschen den fehlenden Meniskus. Sie darf allerdings nicht zu viel werden, sonst gibt es Probleme. Aber auch im Fall der Fälle, denke ich mir: „Wo ist das Problem? Ich kenne die weltbesten Kniechirurgen!“.

Was hält das Leben außerhalb des Sports für „die Kirchi“ bereit?
Ich habe heute in der Früh einen Tafelspitz aufgestellt, den mache ich jetzt fertig. Dazu suche ich mit meinem Mann, er ist Sommelier, die passende Flasche Wein aus. Zur Zeit nimmt uns die Planung unseres Weinkellers in Beschlag. ich bin im zweiten Leben gut angekommen. Auch beruflich verfolge ich gerade ein paar interessante Projekte.

WM Medaillen

  • 2011 Silber im Team
  • 2013 Silber im Slalom, Gold im Team
  • 2015 Gold im Team, Bronze in der Kombi
  • 2017 Bronze in der Kombi