Leben ala Carte – 1802

Endstation Gesundheit

Belohnung für Gesundheits­vorsorge befeuert die Wohlstands­verwahrlosung.

Wir müssen vermehrt auf Eigenverantwortung setzen“, so Dr. Alexander Biach, Vorsitzender des Verbandsvorstandes der österr. Sozialversicherungsträger, um gleich darauf zu verweisen, dass die Erfolgsprämie der SVA für die Teilnahme an der Gesundheitsvorsorge richtungsweisend sei. „Man muss die Menschen dafür belohnen, dass Sie die kostenlose Leistung in Anspruch nehmen!“, meinte auch Arthur Wechselberger, ehem. Präsident der Österr. Ärztekammer. Einspruch!

 

Illustration: Peng
Illustration: Peng

 

Die Botschaft, dass nur Eigenverantwortung in der Prävention ans Ziel führt, wird seit Jahrzehnten getrommelt. Zugleich aber wirkungsvoll dadurch torpediert, dass man die Menschen mit extrinsischen Motiven zum Richtigen verführen will.

Die Belohnung untergräbt das intrinsische Motiv, etwas Sinnvolles von sich aus zu tun.Wenn man Kinder dafür belohnt, dass sie ihre Hausaufgaben machen, lehrt man sie, dass Hausaufgaben etwas sehr Sinnloses sind. In Wolfenschiessen, nahe Luzern, willigte bei einer Volksabstimmung mehr als die Hälfte der Bürger ein, Atommüll dort zu lagern. Nun bot man der Gemeinde eine finanzielle Entschädigung an, mit dem Ergebnis, dass nur mehr ein Viertel der Bewohner zustimmte. Der „Korrumpierungseffekt“ hat zugeschlagen!

Wenn wir mit finanziellen Anreizen, Menschen verführen, etwas zu tun, was sie ohnedies tun sollten, tun sie am Ende das Richtige aus falschen Gründen. Eigenverantwortung heißt, aus innerer Überzeugung zu handeln. Äußere Motivatoren, explizit Prämien, korrumpieren unser Handeln aus innerer Überzeugung. Primärprävention, gesunder Lifestyle mit dem Ziel, seine Gesundheit zu erhalten, ist ein Wert an sich, der durch hohe Lebensqualität belohnt wird. Wenn man wohlstandverwahrlosten Managern Prämien zahlt, damit sie etwas für ihre Gesundheit tun, oder Mütter monetär belohnt, damit sie mit ihren Kindern zur Gesundheitsvorsorge gehen, untergräbt man die Eigenverantwortung mit existentieller Wucht.

Veröffentlicht in Essay