Leben ala Carte – 1701

Schön gelaufen

Ich habe gewonnen!“ jubelt Robinson, als Freitag hinter ihm ins Ziel läuft. „Falsch“, meint Freitag, „Ich habe gewonnen, denn ich bin schöner gelaufen!“ Schon Robinson Crusoe und Freitag hatten unterschiedliche Ansichten darüber, was beim Laufen wirklich zählt.

Illustration: Peng
Illustration: Peng

 

Andreas Berger, bis heute österreichischer Rekordhalter über 100 m (in 10,15 Sec) und erster Weißer, der Carl Lewis besiegt hat, ist schön und schnell gelaufen, aber nicht gerne. „Ich habe nur sehr gerne gewonnen. Dazu musste ich laufen“, sagte er mir, als ich ihn nach seinem Karriereende mit den Worten. „Du bist doch immer gerne gelaufen“ dazu motivieren wollte, sportlich wieder aktiv zu werden. Heute ist Andi begeisterter Läufer und veranstaltet österreichweit Laufevents. „Das Geschäft läuft“ – Laufen ist ein Dauertrend.

Allen Moden des Lifetime-Sports zum Trotz hat sich Laufen nachhaltig als Freizeitsport etabliert. Es hat strunzdumme Ideen, technische Irrwege (Ballenlaufen), ebenso überstanden, wie maßlose spirituelle Überinterpretationen (gentle runnings, etc.). Und wenn Laufen auch nicht die sportliche Allzweckwaffe ist (wir werden laufend schwächer, der Krafteinsatz für die Kräftigung ist zu gering / Laufen unterfordert koordinativ), so kommt es doch der idealen Sportart sehr nahe.

Laufen kann man immer und überall. Der Laufsport ist einfach lebbar, bei gleichzeitig guter Kosten-Nutzen-Rechnung. Gewichtskontrolle durch Fettverbrennung, Optimierung der Herz-Kreislauffunktion, Stärken der Lungenfunktion, Ankurbelung des Stoffwechsels, Transpiration, Steigerung der Knochendichte, Entspannung für die Psyche, Stressabbau sind als Nebenwirkungen erwünscht. Das Wichtigste aber: Laufen ist schön!

Und Laufen ist dann am schönsten, wenn man es zum Spaß betreibt, wenn man dabei den erhabenen Charme von Freiheit und den großen Luxus der Zweckfreiheit verspürt.

Veröffentlicht in Essay